Beschlussvorlage zum morgigen Gipfel: Die Union sucht nach dem neuen Super-Richtwert

Die Gesundheitsämter in Deutschland melden dem RKI am Mittwoch 52.826 Neuinfektionen. Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz erreicht mit 319,5 einen neuen Höchstwert. Bremens Bürgermeister sieht das Impfziel in seinem Bundesland erreicht. Alle aktuellen News zur Corona-Pandemie finden Sie hier im News-Ticker von FOCUS Online.
News zu Corona vom 17. November
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Impfkommission wird Booster bald für alle Menschen ab 18 Jahren empfehlen
06.23 Uhr: Die Ständige Impfkommission (Stiko) wird ihre Booster-Empfehlung ändern – und damit deutlich von ihrer bisherigen Empfehlung abweichen. Stiko-Chef Thomas Mertens sagte am Dienstagabend in der Sendung von Markus Lanz, die Impfkommission werde die Auffrischungsimpfung (Booster-Impfung) bald für alle Menschen ab 18 Jahren empfehlen. Derzeit wird der Booster nur für Menschen ab 70 Jahren sowie für Pflegeheimbewohner, Pflegepersonal und medizinisches Personal empfehlen. Sie können die Booster-Impfung frühestens sechs Monate nach ihrer letzten Impfung verlangen.
Bürgermeister Bovenschulte sieht Impfziel in Bremen erreicht
05.47 Uhr: Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sieht den Grund für die überdurchschnittlich hohe Impfquote in seinem Stadtstaat auch in einem „liberalen, weltoffenen Gemeinwesen“ der Bevölkerung an der Weser. „Der Widerstand gegen die Pandemiepolitik kommt doch vor allem von rechts“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). „Ich glaube, wir haben weniger Impfgegner als in anderen Teilen Deutschlands. Das muss man ehrlicherweise sagen.“
Die Offenheit der Bürgerinnen und Bürger sowie niedrigschwellige Impfangebote hätten zu der bundesweit höchsten Impfquote geführt. Das Impfziel sei in Bremen erreicht: „Bei den Volljährigen haben wir schon eine Impfquote von fast 95 Prozent. Viel mehr ist da nicht mehr drin.“ Sina Schuldt/dpa/Archivbild Andreas Bovenschulte (SPD), Bürgermeister von Bremen.
Bovenschulte stellt erste Erfolge in der Pandemiebekämpfung durch die Impfungen fest: „In Bremen merken wir bereits, dass die Situation in den Kliniken etwas entspannter ist als in anderen Bundesländern und dass die Menschen weniger schwere Krankheitsverläufe haben“, sagte er dem RND. „Unsere Anstrengungen beim Impfen zahlen sich also aus.“
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) hat Bremen mit 79,3 Prozent die höchste Impfquote unter allen Bundesländern.
Mehr als 52.000 Neuinfektionen in Deutschland – Inzidenz erreicht neuen Höchststand
05.37 Uhr: Die Zahl der binnen eines Tages ans Robert Koch-Institut übermittelten Corona-Neuinfektionen hat einen neuen Höchststand erreicht. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die Zahl der von den Gesundheitsämtern gemeldeten Fälle am Mittwochmorgen mit 52.826 an. Vor genau einer Woche waren es 39.676 Ansteckungen. Die 7-Tage Inzidenz gab das RKI mit 319,5 an – ebenfalls ein Höchststand. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 312,4 gelegen, vor einer Woche bei 232,1 (Vormonat: 66,1) gelegen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 04.01 Uhr wiedergeben. Am vergangenem Donnerstag hatte die Zahl der Neuinfektionen mit 50.196 einen Rekordwert seit Beginn der Pandemie erreicht.
Deutschlandweit wurden nach den neuen Angaben binnen 24 Stunden 294 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 236 Todesfälle. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 5.129.950 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.
Die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen – den für eine mögliche Verschärfung der Corona-Beschränkungen wichtigsten Parameter – gab das RKI am Dienstag mit 4,86 an (Montag: 4,65). Bei dem Indikator muss berücksichtigt werden, dass Krankenhausaufnahmen teils mit Verzug gemeldet werden. Ein bundesweiter Schwellenwert, ab wann die Lage kritisch zu sehen ist, ist für die Hospitalisierungs-Inzidenz unter anderem wegen großer regionaler Unterschiede nicht vorgesehen. Der bisherige Höchstwert lag um die Weihnachtszeit bei rund 15,5.
Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit 4.540.900 an. Die Zahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 98.274.
Infektiologe für Verbot von Großveranstaltungen
Mittwoch, 17. November, 5.31 Uhr: Der Mediziner Clemens Wendtner geht davon aus, dass flächendeckende 2G-Regeln die Infektionswelle in Deutschland bremsen, aber nicht brechen werden. „Kurzfristig braucht es weitere Einschränkungen“, sagte der Chefarzt der Klinik für Infektiologie an der München-Klinik Schwabing dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Man werde zum Beispiel dazu kommen müssen, Kontaktbeschränkungen durch das Unterbinden von Großveranstaltungen zu beschließen. „Man kann bei so einer hohen Inzidenz nicht guten Gewissens 75.000 Menschen in ein Fußballstation hineinlassen", so Wendtner weiter. „Selbst mit 2G könnte man dann noch ein Problem haben. Auch Geimpfte und Genesene können sich mit Corona infizieren und andere anstecken.“ Man könne zwar per Schnelltest vorab Sars-CoV-2-positive Personen ausfindig machen. „Aber das ist bei so vielen Menschen in kurzer Zeit am Einlass kaum machbar.“
Impfpflicht und Lockdown habe die Politik zwar bereits sehr früh ausgeschlossen. „Dennoch glaube ich, dass wir angesichts der aktuellen Lage zumindest eine einrichtungsspezifische Impfpflicht über verschiedene Berufsgruppen hinweg in Alten- und Pflegeheimen, in Kliniken, aber eventuell auch in Bildungseinrichtungen brauchen", sagte Wendtner. Erste Effekte dadurch würden allerdings frühestens nach sechs Wochen, also zu Weihnachten, spürbar. Trotzdem sei das in Kombination mit den Auffrischimpfungen für einen Großteil der Bevölkerung wichtig, „um die jetzige Infektionswelle und gegebenenfalls weitere Wellen im Frühjahr abzufedern“, so der Corona-Experte.
Pfizer beantragt in USA Notfallzulassung für neues Corona-Medikament
22.14 Uhr: Der US-Pharmariese Pfizer hat in den USA eine Notfallzulassung für sein neues Corona-Medikament Paxlovid beantragt. Die entsprechenden Unterlagen wurden bei der Arzneimittelbehörde FDA eingereicht, wie Pfizer am Dienstag mitteilte.
"Mit mehr als fünf Millionen Toten und zahllosen Leben, die weltweit von dieser verheerenden Krankheit betroffen sind, gibt es einen dringenden Bedarf nach lebensrettenden Behandlungsmöglichkeiten", erklärte Pfizer-Chef Albert Bourla. Die bei einer klinischen Studie aufgezeigte hohe Wirksamkeit der Pille zeige, dass antivirale Medikamente in Pillenform eine "zentrale Rolle im Kampf gegen Covid-19" spielen könnten.
Pfizer hatte vor eineinhalb Wochen erklärt, dass Paxlovid bei Risikopatienten nach einer Coronavirus-Infektion die Wahrscheinlichkeit einer Krankenhauseinweisung oder eines Todes um 89 Prozent senkt. Patienten nahmen die Pille fünf Tage lang alle zwölf Stunden ein.
Mehrere Pharmakonzerne arbeiten derzeit an der Entwicklung von Medikamenten, die die Auswirkungen einer Ansteckung mit dem Coronavirus abmildern. Erst kürzlich gab die britische Arzneimittelbehörde grünes Licht für das Medikament Molnupiravir des US-Pharmakonzerns Merck Sharp & Dohme (MSD) zur Behandlung von leicht bis mittelschwer erkrankten Covid-Patienten.
Paxlovid und Molnupiravir verringern die Fähigkeit des Virus, sich in den Körperzellen zu vermehren, und bremsen damit die Weiterentwicklung von der Krankheit Covid-19. Die Pillen haben den Vorteil, dass sie einfach zu Hause eingenommen werden können. Andere Mittel wie das antivirale Medikament Remdesivir müssen dagegen intravenös verabreicht werden.
Pfizer hatte am Dienstag angekündigt, das neue Corona-Medikament nach einer Zulassung in ärmeren Ländern billiger zur Verfügung stellen zu wollen. Der Konzern gab eine Übereinkunft zur Vergabe von Sublizenzen an Generika-Hersteller für die Produktion der Pille ohne Lizenzgebühren bekannt.
Union will Beschlussvorschlag für Corona-Gipfel vorlegen – und ist auf der Suche nach neuem Richtwert
20.58 Uhr: An diesem Donnerstag will die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) über eine einheitliche Linie beraten. NRW-Regierungschef Wüst als amtierender MPK-Vorsitzender sagte, die Abstimmung zu Zugangsbeschränkungen für Nichtgeimpfte werde gebraucht, "weil wir in der Ausgestaltung möglichst einig sein sollten". Viele unterschiedliche Details in den Ländern führten nur wieder zu Verunsicherung. CHRISTIAN MANG/POOL/AFP Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei der Pressekonferenz nach dem Corona-Gipfel im Berliner Kanzleramt
Und offenbar wollen Wüst und die anderen von der Union geführten Länder dieser Ansage Taten folgen lassen. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, soll Wüst bei der Neuauflage des Corona-Gipfels einen Beschlussvorlag präsentieren, der die Handschrift der Unions-geführten Länder trägt. Zentrale Forderung sollen einheitliche Schwellenwerte für alle Bundesländer sein, die vorgeben, wann 3G-, 2G- oder gar 2G+-Regeln eingeführt werden sollen.
Das Problem: Man habe sich noch nicht einigen können, welcher Wert dafür maßgeblich sein soll, berichtet die "Bild". Das Kanzleramt wolle an der 7-Tage-Inzidenz festhalten, andere wiederum an der Hospitalisierungsinzidenz. Diese sei jedoch oft zu ungenau und berge die Gefahr eines zeitlichen Verzugs.
Laut "Bild" ist in dem Vorschlag zudem eine Obergrenze für Großveranstaltungen vorgesehen, unabhängig davon, ob 2G-Regeln gelten.
Ampel-Pläne: Bis zu fünf Jahre Haft für Impfnachweis-Fälschung
20.32 Uhr: Fälschern von Corona-Tests, Genesenen- oder Impfnachweisen sollen nach den Plänen der Ampel-Parteien im schlimmsten Fall bis zu fünf Jahre Gefängnis drohen. Das sieht ein Entwurf für das künftige Corona-Regelwerk vor, das am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden soll. Über den Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag, wurde am Dienstagabend im Hauptausschuss des Bundestags beraten.
Demnach soll die Herstellung und auch die wissentliche Nutzung nicht nur gefälschter Impfnachweise künftig strafbewehrt sein. Mit der Regelung werde die Strafbarkeit für den Fall klargestellt, dass eine "nicht berechtigte Person" einen Test ausstellt, heißt es. Auch der wissentliche Gebrauch eines falschen Testnachweises "mit dem Zweck der Täuschung" sei strafbewehrt.
In besonders schweren Fällen des "unbefugten Ausstellens von Gesundheitszeugnissen", wenn "der Täter gewerbsmäßig oder als
Mitglied einer Bande" handelt, soll eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren möglich sein.
Interner Corona-Lagebericht der Regierung zitiert Experten, die notfalls "Notschutzschalter" mit Kurz-Lockdown empfehlen
15.43 Uhr: Die Bundesregierung rechnet für die kommenden Wochen bundesweit mit einer deutlich höheren Zahl von Corona-Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen. Das "Handelsblatt" berief sich am Dienstag auf einen vertraulichen Lagebericht des Corona-Krisenstabs des Bundesinnenministeriums und des Bundesgesundheitsministeriums, der dem Blatt vorliegt.
Engpässe werden demnach besonders in Thüringen befürchtet. Dort könnte sich die Auslastung der Intensivbetten mit Corona-Patienten bis Anfang Dezember mehr als verdreifachen, heißt es laut "Handelsblatt" in dem auf diesen Dienstag datierten Bericht. Die Prognose geht demnach von einem gleichbleibenden regionalen Pandemiegeschehen aus. Nach Stand vom 9. November sei etwa jedes fünfte Intensivbett in Thüringen mit Covid-19-Patientinnen und -Patienten belegt gewesen, hieß es. Bis zum 7. Dezember werde die Auslastung der Intensivbetten auf voraussichtlich 70 Prozent steigen.
Für Bayern sagt die Prognose, die vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern etwa vom Robert-Koch-Institut (RKI) erstellt wurde, demnach für Anfang Dezember eine Auslastung der Intensivbetten von 56 Prozent voraus. Dahinter folgen dem Bericht zufolge Sachsen (41 Prozent), Baden-Württemberg (32 Prozent) und Brandenburg (30 Prozent).
Insgesamt werde in allen Bundesländern von einer steigenden Tendenz ausgegangen. Ausgenommen sei nur Bremen. "Bereits eine Covid-19-bedingte Auslastung über 25 Prozent (…) kann sich in kritische Bereiche bewegen, da Intensivbetten auch für die Behandlung anderer Erkrankungen benötigt werden", zitiert das "Handelsblatt" weiter aus dem Bericht.
Lockdown-Vorbild Österreich? Wie zudem die "Bild" berichtet, werde im Papier Österreich als Vorbild genannt, um den Impfturbo zu zünden. 3G am Arbeitsplatz, dann 2G im öffentlichen Leben, nun der Lockdown für Ungeimpfte – je mehr Einschränkungen es für Ungeimpfte gab, desto stärker stieg die Zahl der Erstimpfungen.
In dem internen Dokument wird laut "Bild" auch das Strategiepapier mehrerer Corona-Experten (FOCUS Online berichtete) aufgegriffen. Es wurde unter anderem von Physikerin Viola Priesemann, dem Soziologen Armin Nassehi, den Virologinnen Sandra Ciesek und Ulrike Protzer, dem Infektiologen Leif Erik Sander und den Epidemiologen André Karch und Kai Nagel verfasst. Zu den Vorschlägen der Gruppe gehört auch ein kurzer, effektiver Lockdown.
Zwar sei eine schnelle Boosterkampagne das beste Mittel, um den Anstieg der Neuinfektionen zu stoppen, schreiben die Autoren. Doch würde sich selbst durch einen raschen Anstieg der Auffrischungsimpfungen dieser positiver Effekt auf das Infektionsgeschehen erst etwa vier Wochen später zeigen, legen die Expertinnen und Experten dar. Daher lasse sich eine Überlastung des Gesundheitssystems nur mit weiteren Maßnahmen verhindern.
Neben Impfungen und 2G regt die Gruppe notfalls einen kurzen Lockdown an, den sie "Notschutzschalter" nennen. Dieser könne beispielsweise zwei Wochen dauern und müsse langfristig vorbereitet werden, um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen abzufedern. Man könne dann kurzfristig entscheiden, ob diese Option wirklich notwendig sei. Ein künftiger Lockdown könne etwa aus Homeoffice und einer Testpflicht am Arbeitsplatz, kleineren Kindergartengruppen und Schulklassen, der Schließung von Restaurants und Geschäften sowie Kontaktbeschränkungen bestehen.
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