40 Jahre Aids: Die Chronologie einer weiterhin tödlichen Krankheit

Vor 40 Jahren wurden die ersten Aids-Erkrankungen festgestellt – allerdings gab es damals weder den Namen Aids noch genauere Kenntnisse über die Ursache der Immunschwächekrankheit. Seitdem sind weltweit 36,3 Millionen Menschen an Aids gestorben, aber auch bedeutende Fortschritte in der Bekämpfung der Krankheit gemacht worden.

Der Welt-Aids-Tag am Mittwoch erinnert daran, dass auch diese Pandemie noch nicht besiegt ist. Die folgende Chronologie bildet den Verlauf von der ersten Entdeckung bis zur heutigen Impfstoff-Forschung ab.

40-jährige Geschichte: Von „4H“ zu Aids

Am 5. Juni 1981 meldet die US-Gesundheitsbehörde CDC eine seltene Form der Lungenentzündung bei jungen Homosexuellen in Kalifornien. Es ist die erste offizielle Warnung vor Aids – damals weiß allerdings noch niemand, dass es sich um eine neue Krankheit handelt. Ende 1981 stellen die Gesundheitsbehörden dieselben Infektionen bei Drogenkonsumenten fest, Mitte 1982 auch bei Blutern, die Bluttransfusionen erhalten, sowie bei in die USA eingewanderten Haitianern.

Daher wird auch zunächst von der "4H"-Krankheit gesprochen, was für Homosexuelle, Heroin-Abhängige, Haitianer und "hemophiles", also Bluter, steht. Der Name Aids wird 1982 geprägt und ist die Abkürzung von "acquired immune deficiency syndrome", also erworbenes Immunschwäche-Syndrom.

Im Januar 1983 isolieren französische Forscher ein neues Virus, das sie LAV nennen und aus ihrer Sicht an Aids "beteiligt sein könnte". Am 23. April 1984 verkünden die USA, dass der US-Virologe Robert Gallo den "wahrscheinlichen" Aids-Erreger, ein HTLV-III getauftes Virus, gefunden hat. LAV und HTLV-III erweisen sich schließlich als derselbe Erreger, der 1986 den Namen Humanes Immundefizienz-Virus erhält, kurz HIV.

Virus zieht in den 90ern immer weitere Kreise

Die Wissenschaft macht bereits schnell Fortschritte. Im März 1987 wird in den USA die erste antiretrovirale Therapie mit Zidovudin zugelassen. Sie ist kostspielig und verursacht bedeutende Nebenwirkungen.

Derweil grassiert das tödliche Virus weiter in der Bevölkerung. US-Schauspieler Rock Hudson ist im Oktober 1985 der erste Star, der an Aids stirbt. Es folgen Queen-Frontmann Freddie Mercury im November 1991 und Ballett-Star Rudolf Nurejew im Januar 1993. Ein Jahr später wird Aids dann endgültig zur häufigsten Todesursache bei Menschen in den USA zwischen 25 und 44 Jahren.

Erste Erfolge der Kombinationstherapien

In den Jahren 1995 und 1996 markiert die Einführung zweier Medikamententypen einen Wendepunkt in der Aids-Therapie: Proteasehemmer und Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (RTI). Das ist der Beginn der antiretroviralen Kombinationstherapien, die sich als sehr wirksam gegen HIV erweisen. 1996 geht die Zahl der Aids-Opfer in den USA erstmals zurück.

Ein im November 1999 veröffentlichter Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des UN-Aids-Programms (UNAIDS) führt auf, dass sich seit dem ersten Auftreten von Aids weltweit 50 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert haben. 16 Millionen von ihnen starben. Afrika ist mit 12,2 Millionen Infizierten der am stärksten betroffene Kontinent.

Nach der Unterzeichnung eines Abkommens zwischen UNAIDS und fünf Pharmariesen im Jahr 2000 zur Verteilung erschwinglicher Aids-Medikamente in armen Ländern, wird im folgenden Jahr ein Kompromiss in der Welthandelsorganisation (WTO) erzielt. Entwicklungsländer dürfen nun kostengünstige Nachahmer-Produkte von Aids-Medikamenten, sogenannte Generika, herstellen.

Corona-Pandemie schränkt Aids-Therapien ein

Es dauert bis zum 16. Juli 2012  bis in den USA zum ersten Mal eine Vorsorge-Behandlung gegen HIV zugelassen wird. Die sogenannte HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) für nicht mit HIV infizierte Menschen besteht aus einem antiretroviralen Medikamentencocktail namens Truvada. Die Behandlung, bei der Menschen mit hohem HIV-Ansteckungsrisiko vorbeugend eine Tablette einnehmen, hat sich als wirksamer Schutz etabliert.

2017 werden erstmals mehr als die Hälfte der Träger von HI-Viren antiretroviral behandelt. Bis heute ist der Anteil nach UN-Angaben auf rund drei Viertel gestiegen: 27,5 Millionen von 37,7 Millionen Infizierten weltweit bekommen eine geeignete Therapie.

Als konkrete Bedrohung erweist sich allerdings auch hier die Corona-Pandemie. Die weltweite Ausbreitung des Coronavirus und der deswegen verhängten Restriktionen bringen das UNAIDS-Ziel in Gefahr, Aids als Bedrohung der öffentlichen Gesundheit bis 2030 zu beenden. Wegen der Pandemie ist in aller Welt der Zugang zu den Gesundheitssystemen, zu Aids-Tests und Therapien eingeschränkt.

Weiterhin kein Impfstoff in Sicht

Gegen das neue Coronavirus hat die Wissenschaft binnen weniger Monate mehrere Impfstoffe entwickelt. An einer Spritze gegen Aids arbeiten Mediziner seit Jahrzehnten – ohne Erfolg.

Die HI-Viren sind besonders komplex und deshalb schwer zu neutralisieren. "Sie infizieren Zellen des Immunsystems", in deren DNA sie ihr genetisches Material integrieren, sagt Olivier Schwartz vom Institut Pasteur in Paris. Während die meisten Menschen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 von alleine genesen und danach erst einmal immun sind, ist das bei HIV nicht der Fall.

Bisherige Impfstoff-Versuche schützen nur unzureichend

Zudem mutiere das HI-Virus viel leichter als das Coronavirus, sagt Schwartz. Deshalb sei es "schwieriger, Antikörper mit einem breiten Spektrum zu erzeugen, die die Infektion blockieren könnten". Vor Kurzem wurde im südlichen Afrika ein Impfstoff getestet, der gegen mehrere HIV-Varianten schützen sollte. Doch der Versuch wurde abgebrochen, da die Impfung nur unzureichend schützte.

Wie so oft mangelt es bei der Herstellung eines Impfstoffes vor allem am Geld. Für die Entwicklung der Corona-Impfstoffe wurden riesige Summen bereitgestellt. Der Aids-Forschung stünden diese Mittel nicht zur Verfügung. 38 Millionen Menschen leben derzeit mit Aids. Eine Impfung ist die einzige Möglichkeit, die Krankheit auszurotten.

Ist ein mRNA-Impfstoff die Lösung?

Mehrere Dutzend Aids-Impfstoffe werden derzeit erprobt. Das Biotechnologieunternehmen Moderna brachte im Sommer eine mRNA-Impfung gegen HIV heraus, die auf derselben Technologie basiert wie die erfolgreichen Corona-Vakzine.

"Die Verwendung dieser Technologie eröffnet neue Möglichkeiten und die machen Hoffnung bei Viren wie HIV", sagt Gilles Pialoux, Aids-Spezialist am Krankenhaus Tenon in Paris. Mit endgültigen Ergebnissen wird jedoch erst in einigen Jahren gerechnet. So könnte der Kampf gegen HIV schlussendlich doch noch von der Corona-Pandemie profitieren.

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