Dave Asprey im Interview: 180 Jahre alt werden und dabei wie 27 aussehen

Dave Asprey wittert angestrengt in Richtung des Summens, das irgendwo aus der Decke herzurühren scheint.

Er kommt aus einem auf exakt 20 Minuten getakteten Meeting aus seinem benachbarten Bulletproof-Café, Urzelle seiner "Human Upgrade"-Bewegung.

Nach Schätzungen des Wirtschaftsmagazins "Forbes" wurden seit 2009, als Asprey das Rezept für seinen mit Butter und Kokosöl versetzten"Bulletproof Coffee" online stellte, 160 Millionen Tassen des Wundermittels konsumiert.

Der Erfinder des Biohacking

Die Variante aus dem Tetrapack gehört zehn Jahre später zu den drei meistverkauften Getränken bei der US-Biosupermarktkette "Whole Foods".

Hollywoodstars wie Shailene Woodley ("Big Little Lies") und Athleten-Legenden wie David Beckham und Tom Brady schwören auf das fettige Gebräu.

Asprey behauptet, seit er es trinke, habe sich sein IQ um 20 Punkte verbessert und sein Körpergewicht von 140 auf 90 Kilo reduziert.

Der 45-Jährige gilt als Vater des Biohacking, "der Kunst und Wissenschaft, deine inneren und äußeren Umstände zu manipulieren, um Kontrolle über deine Biologie zu gewinnen".

Seine Podcasts zum Thema werden von Millionen gehört, seine Bücher zur ewigen Jugend sind regelmäßig in den "New York Times"-Bestsellerlisten. (Das neueste trägt den bescheidenen Titel "Super Human: The Bulletproof Plan to Age Backward and Maybe Even Live Forever".)

Dafür, dass seine Thesen so steil und die zugrunde liegende Wissenschaft noch vage ist, macht Asprey einen sehr aufgeräumten Eindruck.

Der Vater des Biohacking trägt eine Brille mit gelben Gläsern ("Die Gläser sind wie Noise-cancelling-Kopfhörer für die Augen, sie entspannen das Gehirn") zu Jeans und einem locker fallenden Kattun-Hemd mit Stehkragen.

Aspreys Ziel: Forever Young

Er ist groß, 1,95 Meter, und sieht wie ein gut erhaltener Mittvierziger aus. Von außen. Von innen ist er seiner Meinung nach in seinen frühen Zwanzigern.

Knapp zwei Millionen Dollar hat Asprey bislang in seine Anti-Aging-Maßnahmen investiert – und er ist noch lange nicht am Ende. Der ehemalige Silicon-Valley-Unternehmer ist der Überzeugung, die menschliche Lebenszeit hacken zu können wie ein Computerprogramm.

Dafür schreckt er vor keinem Mittel zurück.Doch jetzt gerade stört ihn dieses Summen. "Wie lange geht das?", will er von einem seiner schwarz gekleideten Trainer wissen.

Asprey lebt weit weg, auf einer Farm in Kanada, in das "Bulletproof"-Headquarter nach Santa Monica kommt er nur alle paar Monate. "Die Klimaanlage", sagt der Trainer. "Nicht gut für den Vibe", sagt Asprey. Jemand dreht die Lounge-Musik auf.

Im Studio zum "Supermensch"

Das "Upgrade Lab" in Santa Monica, ist das erste einer geplanten Kette von Studios, wo man sich gegen eine Gebühr von 1000 Dollar pro Monat oder 50 Dollar pro Geräteeinheit zum Supermenschen trainieren kann, ohne in Schweiß auszubrechen.

Anfang 2019 eröffnete eine Dependance im luxuriösen Beverly Hilton Hotel, für die Zukunft sind Filialen in der ganzen Welt geplant. Ob wir im Büro sprechen wollen?

Nein hier, bestimmt der Guru, mitten im "Labor", in der Sitzgruppe vor dem Schaufenster, das auf Santa Monicas Main Street hinausgeht, unter voller Deckenbeleuchtung. Alles, was Dave Asprey zu sagen hat, will er mit der Welt teilen. Er hat kein Geheimnis, nur einen Plan

FIT FOR FUN: Mister Asprey, Sie wollen 180 Jahre alt werden. Wieso ausgerechnet 180?

Dave Asprey: Das beruht auf realistischen Annahmen. Schon jetzt gibt es Menschen, die 120 Jahre alt werden. Und die das ohne unsere moderne Hygiene, Antibiotika, ausgewogene Ernährung geschafft haben. Ich beabsichtige, das zu toppen.

FIT FOR FUN: Sie bezeichnen sich als Biohacker, der in seinen "Upgrade Labs" Supermenschen trainiert. Reicht es nicht, die Krone der Schöpfung zu sein?

Dave Asprey: Mir nicht. Ich glaube an Technologie und die Zukunft. Und ich will sie erleben! Mit 29 stand ich kurz vorm Herzinfarkt. Ich hatte ein Vermögen im Silicon Valley gemacht, aber mein Körper war der eines alten Mannes.

Ich wog 140 Kilo, litt unter Arthritis, hohem Blutdruck, auch meine kognitiven Fähigkeiten bauten ab. Heute bin ich in Bestform, komme mit fünf Stunden Schlaf aus, mein IQ ist um 20 Punkte gestiegen und ich kann 4000 Kalorien täglich essen ohne zuzunehmen.

FIT FOR FUN: Sie haben weder einen medizinischen noch einen wissenschaftlichen Hintergrund. Was wissen Sie besser als die Experten?

Dave Asprey: Nichts – ich bediene mich der Experten. Für meine Bücher und meine Podcasts spreche ich mit Nobelpreisträgern, Forschern und Koryphäen aus aller Welt. Wenn mir etwas einleuchtet, probiere ich es an mir selber aus. Und wenn es funktioniert, teile ich es mit meinen Followern.

FIT FOR FUN: "Bulletproof"-Kaffee war das erste Produkt Ihrer Recherchen. Koffein mit Fett, eine Mischung, wie sie die Tibeter seit Jahrtausenden als Buttertee trinken.

Dave Asprey: Ja! Aber ich habe den Tee durch reinste Bio-Kaffeebohnen ersetzt, und zur Butter von Weidekühen kommt das Brain Octane Oil, ein Triglycerid aus der Kokosnuss.

FIT FOR FUN: Sie wissen, dass es auch Experten gibt, die die Wirkung von "Bulletproof"-Kaffee anzweifeln. Allein schon wegen der vielen Butter.

Dave Asprey: Meine Blutwerte sind fantastisch. Ich überwache sie 24/7 über ein kleines Implantat in meinem Oberarm. Diese Resultate sprechen für sich.

FIT FOR FUN: Wenn es nach Ihnen geht, ernähren wir uns von großen Mengen Fett und bewegen uns nur gelegentlich an unfassbar teuren Maschinen, die unsere Zellen "von innen" trainieren.

Dave Asprey: Es geht mir um Effizienz. Wenn ich in zehn Minuten mit einer Maschine unter Einfluss von Licht, Kälte oder Sauerstoff meinen Stoffwechsel so anregen kann wie durch einen einstündigen Dauerlauf, warum sollte ich meine Zeit verschwenden?

Als ich noch 140 Kilo wog, trainierte ich sechsmal die Woche und ernährte mich extrem fettarm.

Mit dem Resultat, dass ich konstant müde und hungrig war. Bulletproof entstand aus meiner Verzweiflung darüber, dass keine der bewährtenMethoden funktionierte!

FIT FOR FUN: Viele Ihrer Methoden sind teuer und nur anekdotisch belegt.

Dave Asprey: Stimmt. Doch bedenken Sie, was für Fortschritte wir nur in den letzten 30 Jahren gemacht haben. Früher konnten sich nur Millionäre ein Autotelefon leisten, eine Minute kostete 25 Dollar. Und heute kriegt man sie hinterhergeworfen.

FIT FOR FUN: Menschen entwickeln sich jedoch nicht so schnell wie Computertechnologie.

Dave Asprey: Aber wir machen im Anti-Aging gewaltige Fortschritte. Zwischen 2000 und 2015 wuchs die weltweite Lebenserwartung von 80 auf 85 Jahre. Jedes zweite Kind, das heute in den USA auf die Welt kommt, darf 104 Lebensjahre erwarten.

Wenn ich also von neuen Methoden höre, die mein Leben um 15 oder gar 95 Prozent verlängern können, dann werde ich die umsetzen.

FIT FOR FUN: Unter anderem ließen Sie sich Fett absaugen, um daraus Ihre eigenen Stammzellen zu gewinnen und sie sich in den ganzen Körper injizieren zu lassen. Inklusive Gehirn und Penis.

Dave Asprey: Ja, und ich kann Ihnen sagen, Fettabsaugen war schmerzhafter als die Injektionen. Ich habe mich schon früher einer Stammzellentherapie unterzogen, aber immer nur lokal. In die Knie, auch mal ins Gesicht, gegen Falten.

Diese Ganzkörperbehandlung plane ich, von nun an alle sechs Monate machen zu lassen. Unter Vollnarkose.

FIT FOR FUN: Stellen Sie schon eine Wirkung fest?

Dave Asprey: Ich schlafe besser. Letzte Nacht waren es fünf Stunden 43 Minuten.

Das klingt nach nicht viel, aber dank meines "Aura"-Rings weiß ich: zweieinhalb Stunden davon befand ich mich in der REM-Phase und eineinhalb Stunden im Tiefschlaf.

Die wenigsten 22-Jährigen erreichen solche Werte in acht Stunden! Ein Nebeneffekt ist, dass ich auf einmal mehr Alkohol vertrage.

FIT FOR FUN: Sie trinken?

Dave Asprey: Nur Rotwein aus Europa, der älter ist als ich.

FIT FOR FUN: Ein Glas Rotwein soll doch gut sein wegen des Anti-Aging-Wirkstoffs Resveratrol.

Dave Asprey: Das reden sich die Leute ein, um sich gut zu fühlen, wenn sie saufen. Nicht umsonst war der Post, in dem ich darüber schrieb, wie man die negativen Auswirkungen von Alkohol umkehren kann, der meistgelesene meines Blogs.

Aber die Wahrheit lautet: Nichts ist so gesund wie gar nicht zu trinken. Alkohol macht alt.

FIT FOR FUN: Und Stammzell-Injektionen in den Penis …

Dave Asprey: … sind etwas unangenehm. Meine Stammzellentherapie sehe ich als Prophylaxe. Ich möchte erst gar nicht unter altersbedingten Erektionsstörungen, Haarausfall leiden. Bis jetzt keine Klagen.

FIT FOR FUN: Von den unbewiesenen Vorteilen einer Ganzkörper-Stammzellen-Behandlung abgesehen, auch Ihr Umgang mit Hormonen scheint recht unerschrocken.

Dave Asprey: Wieso? Mir ist keine Studie bekannt, nach der die Einnahme von bioidentischen Hormonen Krebs oder Herzinfarkt verursacht. Dafür kann ich heute besser denken, habe mehr Power und Lebenslust.

FIT FOR FUN: Zu viel kann doch Bartwuchs, Pickel und Herzprobleme bedeuten. Man braucht sich nur weibliche Bodybuilder anzuschauen.

Dave Asprey: Ach, diese ganze Angstmache vor Hormonen stammt aus den Siebzigern. Damals wurde zur Östrogen-Therapie Premarin gespritzt, das aus dem Urin von schwangeren Stuten gewonnen wurde.

Und die Bodybuilder – übrigens, Arnold Schwarzeneggers Office ist gleich hier nebenan – spritzten sich künstliches Testosteron, das Leberschäden und sogar Krebs verursachte.

FIT FOR FUN: Trotzdem fehlen Langzeitstudien zu den Nebenwirkungen der "bioidentischen" Hormone.

Dave Asprey: Mir egal. Ich interviewe die weltbesten Hormonexperten. Ich spreche bei derAmerican Academy of Anti-Aging Medicine vor 3000 Ärzten, die sich auf Hormonbehandlungen spezialisiert haben.

Was Amerikaner umbringt, sind nicht Hormone, sondern verschreibungspflichtige Opiate. Und wissen Sie, was Krebs verursacht? Unkrautvernichtungsmittel!

Wenn wir von Risiken sprechen, warum nicht von den ungekennzeichneten Wirkstoffen in Lebensmitteln? Viel gefährlicher als vernünftig verschriebene Hormone.

FIT FOR FUN: Lief bei Ihren Selbstversuchen schon mal was schief?

Dave Asprey: Einmal versuchte ich, mit einer Lichttherapie mein Gehirn zu stimulieren, um schneller Schwedisch zu lernen – meine Frau ist Schwedin. Danach lallte ich stundenlang, sprach aber immer noch kein Schwedisch.

FIT FOR FUN: Ihre Frau ist Ärztin. Was hält Sie von Ihren Selbstbehandlungsmethoden?

Dave Asprey: Einiges davon macht sie mit, wie die Rotlicht-Therapie gegen Falten und meine Diät. Aber ich nehme 150 Nahrungsergänzungsmittel täglich, von denen viele nichts für den Körper einer fünfzigjährigen Frau tun würden.

FIT FOR FUN: Sie haben bislang zwei Millionen Dollar in Ihre ewige Jugend investiert.

Wer es Ihnen gleichtun will, muss 1000 Dollar Monatsgebühr in Ihrem Upgrade Lab hinblättern und möglichst – wie Sie – nach Kanada ziehen, um dort von gesunder Luft und glücklichen Kühen zu leben. Ist Anti-Aging nur für die Elite?

Dave Asprey: Brutal gesagt, Ja. Armut macht dick und krank. Hier in den USA gibt es in gewissen Gegenden nicht einmal einen Supermarkt, wo man frisches Gemüse bekommt.

Ein langes, gesundes Leben kann heutzutage ganz schön ins Geld gehen. Aber: Mobiltelefone waren auch mal teuer.

FIT FOR FUN: Wie verteidigen Sie die großen Mengen Rindfleisch, die zur Bulletproof-Diät gehören?

Dave Asprey: So viel Fleisch ist das gar nicht, auch Vegetarier können bulletproof leben. Es kommt auf die richtige Kombination der Fette an. Wir reden hier nicht von riesigen Steaks, sondern einem Filet vom Weiderind an zwei, drei Tagen in der Woche.

FIT FOR FUN: Sie schreiben in Ihrem neuen Buch über die sieben Pfeiler des Alterns. Verraten Sie uns einen Anti- Aging-Trick, der ohne viel Aufwand funktioniert?

Dave Asprey:Kalt duschen. Für guten Schlaf, höhere Fettverbrennung und gegen Entzündungen …

FIT FOR FUN: Eine letzte Frage: Was, wenn Sie vor Ihrem 180. im wahrsten Wortsinn lebensmüde werden? Weil Ihre Organe zwar prima funktionieren, aber Sie aus dem Spiegel ein alter Mann anschaut?

Dave Asprey: Ist nicht vorstellbar. Meine Idealvorstellung ist, ein weiser Guru zu werden, bei dem die Leute Rat suchen. Und dabei auszusehen wie 27.

Brigitte Steinmetz

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